Umgestürzte Bäume, lahmgelegte Bahnstrecken, Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h, Starkregen: Unwetter wie zuletzt das Sturmtief „Friederike“ können verheerende Schäden anrichten. Für Sturmschäden kommt in der Regel die Versicherung auf – wenn der Geschädigte die richtige Police hat. test.de sagt, welche Versicherungen Hausbesitzer und Mieter brauchen und welche Ansprüche Bahnkunden haben.
Wer kommt für die Schäden auf?
Starke Sturmböen können Dächer abdecken, Bäume entwurzeln und Autos beschädigen. Der Aufenthalt im Freien ist bei solcher Wetterlage riskant, weshalb die Behörden dazu raten, nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben. test.de erklärt, welche Versicherung welche Schäden übernimmt und wo mögliche Lücken im Schutz sind.
Schäden am Gebäude
Wohngebäudeversicherung. Wenn ein Sturm mindestens Windstärke acht erreicht, zahlt die Wohngebäudeversicherung, sofern der Kunde Schäden durch Sturm und Hagel in die Police aufgenommen hat. Ob es wirklich Stärke acht war, muss der Kunde nicht selber messen. Es reicht, wenn eine Wetterstation solche Sturmstärken in der betreffenden Gegend gemessen hat, urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 12 U 251/04). Die Versicherer ersetzen beispielsweise die Kosten für abgedeckte Dächer, umgestürzte Schornsteine oder Schäden am Haus durch umgeknickte Bäume. Nebengebäude wie Gartenhaus oder Garage auf dem gleichen Grundstück sind ebenfalls versichert, wenn sie in der Police vermerkt sind.
Elementarschaden-Zusatzversicherung. Wenn aber Starkregen trotz einer Rückstausicherung einen Rückstau in der Kanalisation verursacht und den Keller überflutet, hilft nur eine Elementarschaden-Zusatzversicherung weiter (siehe Elementarschäden versichern). Sie wird als Ergänzung zur Gebäudeversicherung und zur Hausratversicherung angeboten. Leider bekommen Hausbesitzer, die in den vergangenen Jahren fünf oder zehn Jahren einen solchen Schaden hatten, oft keinen Vertrag. Unser
Test Gebäudeversicherungen zeigt empfehlenswerte Tarife, mit denen sich Hauseigentümer schützen können. Für viele Versicherte lohnt sich ein Wechsel, denn die Unterschiede zwischen den einzelnen Tarifen sind enorm.
Wichtig: Wenn etwas passiert ist, muss der Hausbesitzer sich kümmern. Ihn trifft die so genannte Schadenminderungspflicht. In der Praxis heißt das zum Beispiel, dass er ein durch heruntergewehte Ziegel entstandenes Loch im Dach oder ein vom Sturm eingedrücktes Fenster mit einer Plane abdecken muss, damit nicht noch mehr Regenwasser eindringt.
So viele Häuser sind gegen Unwetter versichert
Knapp 11 Millionen Häuser sind noch nicht gegen Naturgefahren wie Starkregen über eine Elementarschadenversicherung geschützt. In Baden-Württemberg ist die Zahl der versicherten Häuser so hoch, weil der Schutz bis 1994 Pflicht war.

Bundesländer wollen Soforthilfen kürzen
Nach Unwetterkatastrophen bieten Bundesländer manchmal finanzielle Unterstützung für Geschädigte an, die existenziell getroffen sind. Das kann sich ändern: Im Sommer 2017 haben die Regierenden der Länder angekündigt, die staatlichen Landeshilfen zu kürzen. Geschädigte Hausbesitzer sollen nur noch Geld erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie sich erfolglos um einen Elementarschadenschutz bemüht haben oder ihnen dieser nur zu wirtschaftlich unzumutbaren Bedingungen angeboten worden ist. Welche Nachweise Hausbesitzer vorlegen sollen, ist noch nicht bekannt. Der staatliche, von Bund und Ländern finanzierte Fluthilfefonds springt nur bei nationalen Katastrophen ein, beispielsweise im Jahr 2013: Damals waren elf Bundesländer von Überschwemmungen betroffen.
Häuser in der Bauphase
Bauleistungsversicherung. Rohbauten sind besonders sturmgefährdet. Das betrifft nicht nur halbfertige Mauern, Gerüste oder Dachsparren. Auch das Material auf der Baustelle kann von einem Sturm umhergeschleudert werden. Die Bauleistungsversicherung übernimmt die Kosten für Schäden, die der Sturm am Rohbau und auf der Baustelle anrichtet. Dazu zählen zerstörte Bauteile oder -stoffe sowie auch alle notwendigen Handwerkerleistungen, um den Zustand vor dem Sturm wiederherzustellen.
Hauseigentümer mit DDR-Police
Viele Hauseigentümer in Ostdeutschland haben als Wohngebäudeversicherung noch eine alte DDR-Police. Damit sind sie gut versichert, denn darin sind auch Überschwemmungsschäden enthalten. Heute führt die Allianz diese Policen weiter. Der Konzern hatte nach der Wende das Staatsversicherungsunternehmen der DDR übernommen.
Bäume nicht immer versichert
Umfallen allein ist kein Schaden. Fürs Entsorgen eines umgestürzten Baums zahlen Gebäudeversicherer nicht. Fällt der Baum zum Beispiel aufs eigene Grundstück und richtet weiter keinen Schaden an, muss der Besitzer selber das Zersägen und Entsorgen bezahlen. Ein Baum gilt nicht als „versicherte Sache“. Wer auch dies versichern möchte, muss eine Zusatzklausel vereinbaren. Oft trägt sie das Kürzel 7363. Oder sie wird als Zusatzbaustein angeboten, beispielsweise „WG Plus“ bei der Huk. Dann sind die Kosten für das Entfernen und die Entsorgung von umgestürzten Bäumen versichert, wenn eine natürliche Regeneration nicht zu erwarten ist. Das gilt bei Blitzschlag und Sturm ab Windstärke acht.
Haftpflicht oder Gebäudeversicherung? Weht ein Sturm einen Baum aufs Haus des Nachbarn, kommt es darauf an: Waren bereits Anzeichen für Krankheit oder fehlende Standfestigkeit sichtbar, muss der Baumbesitzer zahlen – oder seine Privathaftpflichtversicherung, wenn er eine hat. War keine Vorschädigung des Baumes sichtbar, trifft den Besitzer keine Schuld. Dann ist für den Schaden am Haus die Gebäudeversicherung des Nachbarn zuständig.
Bäume kontrollieren
Stehen Bäume im Garten, sollte der Eigentümer sie regelmäßig kontrollieren. Eine Sichtkontrolle zweimal im Jahr reicht: einmal in belaubtem und einmal in nicht belaubtem Zustand (Bundesgerichtshof, Az. III ZR 225/2003). Doch sobald etwas verdächtig erscheint, zum Beispiel abgestorbenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder auffallende Schiefstellungen, oder wenn der Stamm erkennbar durch Sturm oder Blitzschlag geschädigt ist oder Pilzbefall zeigt, muss er eingehend untersucht werden (OLG Hamm, Az. 9 U 144/2002). Ist die Standsicherheit wegen des hohen Alters nicht mehr gegeben, muss der Besitzer den Baum fällen (BGH, Az. V ZR 319/02). Wer solche Schutzmaßnahmen unterlässt, verstößt gegen die Verkehrssicherungspflicht. Unter Umständen haftet er sogar dann, wenn dem Baum gar nicht anzusehen war, dass er marode war. Ein gesunder Baum wird bei Windstärke 7 bis 8 normalerweise nicht entwurzelt, wenn er nicht ohnehin schadhaft war (OLG Düsseldorf, Az. 4 U 73/01).